Der Kükenberg

(erzählt, gezeichnet von Erich Anhelm, Adelebsen)

aus dem Buch „Ut Löhnsen vertellt“ von Friedhelm Knüppel

Wanderst du auf der Straße von Adelebsen durch das Bärental an Wibbecke vorbei nach Erbsen ("Unter dem Himmel") siehst du linker Hand, östlich vom Stapelberg einen Hang, dessen oberer Teil bewaldet ist. Diese Geländeerhebung wird der „Kükenberg“ genannt.

Über die Herkunft dieses Namens hat mir mein Großvater das Nachstehende erzählt:
Am „Höbel“, so nennt man den westlichen Verbindungsweg zwischen der Landstraße nach Göttingen und dem Dorf Erbsen, soll vor vielen Jahren ein gewiefter Ackermann, der Name ist mit entfallen, gewohnt haben. Sein besonderes Augenmerk richtete er auf sein Vieh. Er hatte davon sehr viel und von jeder Art. Sogar bekümmerte er sich um seinen großen „Tropp“ Hühner, was an und für sich in den Arbeitsbereich der Bäuerin gehörte, doch das empfand er weiter nicht störend. Seine Hühner waren ihm so gut bekannt, dass er genau wusste, welches Huhn welches Ei gelegt hatte. Der größte Teil seiner Ländereinen befand sich an dem bereits erwähnten Hange, der sich in westlicher Richtung hin an das Gehöft anlehnte. Das Federvieh hatte nach dieser Richtung hin einen guten Auslauf und suchte sich dort noch das vitaminhaltige Grünfutter.

Eines Tages bemerkte der Bauer, dass eins seiner Hühner nicht mehr legte. Als sich dieses dann an den folgenden Tagen wiederholte, die Hühner aber abends alle einträchtig nebeneinander auf dem Hühnerwiemen saßen, glaubte er, dass die Legehenne, die seiner Meinung nach das Eierlegen eingestellt hatte, wahrscheinlich krank sei. Er beabsichtige, sie daraufhin am nächsten Tage einmal genauer zu betrachten. Es wurde nichts daraus; denn die Henne war spurlos verschwunden. Weil es sich nun um eine gute Legehenne handelte, begab sich die ganze Belegschaft innerhalb und sogar außerhalb des Gehöftes auf Nachsuche. Das Suchen verlief ergebnislos, und der Knecht meinte, dass ein Fuchs das Huhn geholt habe. Der Ackermann gab sich mit dieser simpelhaften Annahme nicht zufrieden; denn letztlich fehlten in der Nähe des Hofes Federn, welche eine vom Fuchs gerissenen Henne verliert.

Kükenberg - Erich AnhelmDas Ausbleiben oder Verschwinden des lieben Federviehs blieb also rätselhaft. Nachdem nun niemand mehr an die  Rückkehr der Henne glaubte, kam eine wunderliche Lösung des Rätsels, die jedermann erfreuen konnte. Die ungeahnte Überraschung entbot sich so:

Etwa vier Wochen nach dem Verschwinden der Henne, man war emsig bei der Feldarbeit, kam die Vermisste, gefolgt von einem ansehnlichen „Tropp“ kleiner Küken, vom bewaldeten Teil des Berghanges her direkt auf das Gespann des Bauern zu, der wegen der sommerlichen Hitze eine kurze Verschnaufpause eingelegt hatte. Das Wiedersehen erfreute alle sehr.

 Abends im Kruge „Zum düsteren Born“ wurde das erfreuliche Ereignis erzählt und zünftig begossen. Bald wusste jedermann im Dorfe davon, und seither wird die Halde von der der Kükensegen kam, allerorts der „Kükenberg“ genannt.

(Internetbearbeitung M.Buhre/N.Hille)